Zunehmende Gewalt gegen Polizeibeamte
München, 24.08.2017Zunehmende Gewalt gegen Polizeibeamte - Bayerns Innenminister Joachim Herrmann veröffentlicht bayernweites Lagebild für 2016: Neuer Höchststand - Rund 2.400 Polizistinnen und Polizisten verletzt - Neue Ausrüstung und Body-Cams für mehr Schutz - Konsequente Bestrafung notwendig
+++ 2016 hat die Gewalt gegen Polizeibeamte in Bayern weiter zugenommen: 7.422 Fälle von verbaler und physischer Gewalt (+7,3 Prozent) mit 16.450 betroffenen Polizistinnen und Polizisten (+10,2 Prozent), davon 2.386 verletzt (+16,3 Prozent). Das sind die Eckpunkte des heute von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann in Nürnberg veröffentlichten Lagebildes. "Diese Entwicklung sehe ich mit größter Sorge", betonte Herrmann. "Das ist ein neuer Höchststand seit Erstellung unserer Lagebilder 2010." Nach Herrmanns Worten werden Polizeibeamte immer häufiger beleidigt, bespuckt, bedroht, geschlagen oder sogar in eine lebensbedrohliche Situation gebracht. Statistisch gesehen ist davon 2016 rund jeder zweite Polizeivollzugsbeamte in Bayern betroffen gewesen. Besonders erschreckend für Herrmann ist das teilweise extreme Gewaltniveau. Das zeigen neben dem G20-Gipfel in Hamburg unter anderem der schreckliche Mord an einem 32-jährigen Polizisten im Oktober 2016 in Georgensgmünd oder auch der lebensgefährliche Kopfschuss bei einer 26-jährigen Polizistin an einem Münchner S-Bahnhof im Juni 2017. "Wir werden alles daran setzen, unsere Polizistinnen und Polizisten bestmöglich zu schützen", sicherte der Minister zu. +++
Wie Herrmann erläuterte, machten vergangenes Jahr Beleidigungen (39,5 Prozent, 2.929 Fälle), einfache Körperverletzungen (33,6 Prozent, 2.492 Fälle) und Widerstände gegen Polizeivollzugsbeamte (17,7 Prozent, 1.317 Fälle) das Gros der Vorfälle aus. Besonders besorgniserregend seien die Steigerungen bei den versuchten Tötungsdelikten (2016: 13; 2015: 8; 2014: 6) sowie der vollendete Polizistenmord in Georgensgmünd (2015: 0; 2014: 0). In 25 Fällen erfolgte der Angriff mit Schusswaffen (2015: 17; 2014: 5). 67,2 Prozent der Tatverdächtigen standen während der Tat unter Alkohol- oder Drogeneinfluss. Rund jeder vierte Tatverdächtige war Ausländer. 82,7 Prozent der Angriffe richteten sich gegen Polizisten des Wach- und Streifendienstes, vor allem an Wochenenden und in der Nacht. Polizeibeamte in größeren Städten waren deutlich häufiger Angriffen ausgesetzt, als in ländlichen Bereichen.
Herrmann machte deutlich, Angriffe gegen Polizistinnen und Polizisten nicht hinzunehmen: "Wir müssen diejenigen schützen, die uns schützen!" Ein Schwerpunkt sei, die Bayerische Polizei mit modernster Ausrüstung und Technik auszustatten. "Bereits 2015 haben wir für unsere rund 2.800 Beamten der Einsatzeinheiten der Bayerischen Polizei einen völlig neuentwickelten Einsatzanzug mit einer neuen Schlag- und Stichschutzausrüstung beschafft, Kostenpunkt 5,5 Millionen Euro", erklärte der Innenminister. Darüber hinaus sollen bis November 2017 alle Streifenwagen und alle Transporter der Einsatzeinheiten der Bayerischen Polizei mit einer neuen ballistischen Schutzausstattung ausgestattet werden, die aus mehreren Elementen wie 'hartballistischen Schutzwesten', Aufrüstmöglichkeiten wie Schulter- und Tiefschutzelementen sowie 'ballistischen Helmen' besteht, die je nach Einsatzlage miteinander kombiniert werden können. Die dafür erforderlichen rund 30 Millionen Euro sind laut Herrmann "eine lebenswichtige Investition in die Sicherheit unserer Polizistinnen und Polizisten". Dazu komme die derzeit in Augsburg, München und Rosenheim laufende Erprobung mit Body-Cams sowie die für 2019 geplante Auslieferung einer neuen hochmodernen Dienstpistole.
"Außerdem achten wir besonders auf eine moderne und professionelle Aus- und Fortbildung und bieten umfangreiche Fürsorge- und Betreuungsmaßnahmen an", ergänzte Herrmann. Als erstes Bundesland habe Bayern seit Anfang 2015 die Regelung, dass der Freistaat bei Schmerzensgeldansprüchen der von Gewalt betroffenen Polizisten in Vorleistung geht. Die Beamten kommen so sicher und schnell an ihr Geld, auch wenn die Täter zahlungsunfähig sind. Zudem leiste der Dienstherr in bestimmten Fällen Sachschadensersatz. Auch komme die Bagatellgrenze in Höhe von 75 Euro bei Polizisten, die im Einsatz durch Gewalttaten geschädigt wurden, inzwischen nicht mehr zur Anwendung.
Ebenfalls wichtig ist dem bayerischen Innenminister eine konsequente Bestrafung der Gewalttäter. "Die Ende Mai 2017 in Kraft getretenen Strafverschärfungen bei Gewalt gegen Polizeibeamte und Einsatzkräfte begrüße ich ausdrücklich", erklärte Herrmann. Insbesondere habe der Bund dabei die bayerische Forderung aufgegriffen, eine Mindestfreiheitsstrafe für tätliche Angriffe einzuführen, die jetzt bei drei Monaten liegt. Entscheidend ist hierbei auch, dass alle Angriffe unter Strafe gestellt werden sollen, die im Zusammenhang mit der Dienstausübung erfolgen, also auch bei anlassunabhängigen Streifengängen oder Verkehrskontrollen. "Jetzt kommt es darauf an, dass die Justiz gegen diese Gewalttäter harte und konsequente Strafen verhängt", forderte Herrmann. "Wer eine Polizistin oder einen Polizisten angreift, muss die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekommen." Das solle nicht nur ein Denkzettel sein, sondern auch eine klare Warnung an alle anderen potentiellen Gewalttäter.