Eine Fernsehkamera filmt die Pressekonferenz zum Lagebild Hasskriminalität
© Bayerisches Innenministerium

Hasskriminalität 2023 auf dem Vormarsch: Verstärkte Maßnahmen zur Bekämpfung und Prävention

München, 08. August 2024 (stmi). Die Zahl der polizeilich registrierten Straftaten der Hasskriminalität hat 2023 in Bayern einem Lagebild des Bayerischen Landeskriminalamts zufolge deutlich zugenommen. „Wir werden gemeinsam den Kampf gegen Hasskriminalität erheblich verstärken“, kündigte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann heute bei der Vorstellung der Statistik zusammen mit Sozialministerin Ulrike Scharf, Justizminister Georg Eisenreich und dem Antisemitismusbeauftragten Dr. Ludwig Spaenle an. „Kein Täter kann sich in Bayern in Sicherheit wiegen, Geschädigte lassen wir nicht alleine.“ Herrmann verwies auf die hochengagierte Arbeit des Beauftragten der Bayerischen Polizei gegen Hasskriminalität, insbesondere Antisemitismus. Dessen Schwerpunkte sind die Fortentwicklung der Bekämpfungsstrategien der Bayerischen Polizei, die Unterstützung der polizeilichen Aus- und Fortbildung und vor allem auch die intensivere Zusammenarbeit der Polizei mit externen Stellen wie mit der Justiz und mit dem Antisemitismusbeauftragten.

Sozialministerin Scharf: Betroffene nicht aus dem Blick verlieren

Sozialministerin Scharf: „Neben einer konsequenten Strafverfolgung der Täterinnen und Täter dürfen wir niemals die Betroffenen aus dem Blick verlieren. Der Freistaat Bayern steht an ihrer Seite. Sie dürfen mit den Folgen dieser schrecklichen Taten nicht alleine gelassen werden. In Bayern etablieren wir einen proaktiven Beratungsansatz, der Betroffenen direkt bei Strafanzeigenstellung ein passendes Beratungsangebot vermitteln kann. So kommt die Unterstützung der Beratungsstellen noch gezielter bei den Betroffenen an.“

Justizminister Eisenreich fordert konsequenten Schutz von Jüdinnen und Juden

Justizminister Eisenreich: „Hasskriminalität ist keine Bagatelle und wird in Bayern konsequent verfolgt. Die Justiz verstärkt dazu kontinuierlich ihre Strukturen. Zum 1. Juni 2024 haben wir die Kompetenzen der bei der Generalstaatsanwaltschaft München angesiedelten Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) auf sämtliche Bereiche der analogen und digitalen Hasskriminalität ausgeweitet. Damit erhöhen wir unsere Schlagkraft. Die ZET kann bayernweit Verfahren von herausgehobener Bedeutung an sich ziehen.“

Im Kampf gegen antisemitische Straftaten hat die Justiz bereits seit Oktober 2021 einen Zentralen Antisemitismusbeauftragten bei der ZET angesiedelt, der die nachdrückliche und konsequente Verfolgung antisemitischer Straftaten durch alle bayerischen Staatsanwaltschaften koordiniert. Eisenreich: „Deutschland und die Welt erleben nach dem 7. Oktober 2023 die schlimmste Welle von Antisemitismus seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Judenhass gibt es an den Rändern, in der Mitte der Gesellschaft und unter Zuwanderern. Der Rechtsstaat muss klare Grenzen setzen und Jüdinnen und Juden schützen.“

Zur effektiven Bekämpfung von strafbarer Hate Speech hat die Justiz spezielle Online-Meldeverfahren mit verschiedenen Kooperationspartnern eingerichtet, beispielsweise mit der Münchner Fachstelle „Strong!“ für Betroffene von queerfeindlicher Hate Speech. Links und Informationen zu allen Angeboten der Staatsregierung stehen unter www.bayern-gegen-hass.de zur Verfügung.

Antisemitismusbeauftragter Dr. Spaenle warnt vor Hass in sozialen Medien

Antisemitismusbeauftragter Dr. Spaenle: „Vor allem in den sozialen Medien wächst der Hass gegen andere. Dieses Gift schlägt immer häufiger in Gewalt um und zerstört den Kitt der Gesellschaft. Jüdinnen und Juden leiden besonders stark unter Hass im Netz und im Alltag. Wir müssen unsere Anstrengungen zur Prävention sowie die Maßnahmen von Polizei und Justiz weiter verstärken, um Hasskriminalität einzudämmen. Bayern handelt hier sehr konsequent und hat auch sein Engagement gegen Kriminalität im Netz ausgeweitet. Ich bitte Menschen, die Hass und Gewalt erfahren, dies bei den entsprechenden Stellen und auch an RIAS Bayern zu melden.“

Herrmann: Hasskriminalität größtenteils politisch rechtsmotiviert

Hasskriminalität ist laut Herrmann eine besonders verwerfliche Form von Straftaten und auch bundesweit immer mehr auf dem Vormarsch. Darunter fallen solche Straftaten, die etwa wegen der Nationalität, Hautfarbe, Religionszugehörigkeit, sexuellen Orientierung oder Geschlecht der Opfer begangen werden. Laut Lagebild ist die Gesamtzahl der unter Hasskriminalität gefassten Straftaten in Bayern von 2019 bis 2023 um rund 84 Prozent gestiegen (2019: 1.016; 2023: 1.867). „Bei der Motivlage zeigt sich bei der Hasskriminalität größtenteils eine rechte Motivation“, erläuterte Herrmann. „1.283 Fälle und damit mehr als zwei Drittel der Gesamtdelikte fielen 2023 unter diesen Phänomenbereich.“ Die antisemitischen Straftaten erreichten im Fünfjahresvergleich mit insgesamt 589 Delikten in 2023 einen Höchstwert und hatten sich seit 2019 (310) fast verdoppelt. „Der Anstieg liegt im Wesentlichen im furchtbaren Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 begründet“, so der Innenminister.

Weiterhin hohe Dunkelziffer bei Hasskriminalität

Nach Herrmanns Worten ist im Bereich der Hasskriminalität immer noch von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. „Nur wenn Geschädigte zur Polizei gehen und Hasskriminalität anzeigen, können die Täter zur Verantwortung gezogen werden“, machte der Innenminister deutlich. Dass sich der Gang zur Polizei rentiere, zeige auch die Aufklärungsquote: Im vergangenen Jahr konnten mehr als zwei Drittel der angezeigten Fälle aufgeklärt werden (68 Prozent). „Jede Anzeige erhöht die Wahrscheinlichkeit, Täter zur Verantwortung ziehen zu können“, betonte Herrmann.