Wichtige Änderungen: Modernisierung des Kommunalrechts und Verfassungsschutzgesetzes
München, 19. Juli 2023 (stmi). Der Bayerische Landtag hat heute in Zweiter Lesung wichtige Änderungen des Bayerischen Kommunalrechts und des Verfassungsschutzgesetzes beschlossen.
„Mit der Änderung des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes und anderer Rechtsvorschriften wird das Kommunalrecht aktuellen praktischen Bedürfnissen angepasst und kommunale Ämter attraktiver und familienfreundlicher gemacht, insbesondere auch für Frauen“, erklärt Innen- und Kommunalminister Joachim Herrmann. „So können Kommunen künftig ihren Gremienmitgliedern mandatsbezogene Kosten für die Betreuung von Angehörigen erstatten. Das trägt auch zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und ehrenamtlichem Mandat bei.“
Zudem entfällt die bisherige Höchstaltersgrenze für hauptamtliche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie Landrätinnen und Landräte ab dem 1. Januar 2024. „Eine starre Altersgrenze passt nicht mehr in unsere heutige Zeit, künftig zählt alleine der Wählerwille“, so Herrmann.
Weitere Änderungen sind:
- die Absenkung der Schwelle, ab der ein Bürgermeisteramt regelmäßig hauptamtlich ausgeübt werden wird, von bisher 5.000 auf 2.500 Einwohner
- eine Anpassung der Entschädigung der Bezirkstagspräsidenten und die Möglichkeit für Kommunen, kommunale Gremiensitzungen auch per Livestream und Mediathek zugänglich zu machen
- Gesetze werden auch geschlechtsneutral formuliert, oder, wo solche Begriffe nicht zur Verfügung stehen, die weibliche und männliche Form verwendet.
Haben Sie Fragen zur Kommunalrechtsnovelle? Im Folgenden finden Sie die wichtigsten Änderungen ausführlich erklärt.
Verfassungsschutzgesetz: Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt
Mit der Änderung des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes werden die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus seinem Grundsatzurteil vom April letzten Jahres umgesetzt. Das Gericht hatte damals die Befugnisse des Verfassungsschutzes im Kern nicht beanstandet, allerdings im Einzelnen vom Gesetzgeber Nachbesserungen gefordert. Weder auf Bundes- noch auf Landesebene gab es ein Verfassungsschutzgesetz, das den neuen richterlichen Vorgaben vollends entsprach.
Das Gericht fordert unter anderem, die „Beobachtungsbedürftigkeit“ verfassungsfeindlicher Bestrebungen nach ihrer Dringlichkeit in mehrere Stufen einzuteilen. Anhand dieser Stufen sei zu bestimmen, welche nachrichtendienstlichen Mittel eingesetzt werden können. "Wir haben nunmehr künftig ein fein ausdifferenziertes System zur Bewertung des von Verfassungsfeinden ausgehenden Bedrohungspotenzials, das sich auf die Kriterien stützt, die das Bundesverfassungsgericht hierfür benannt hat", erläuterte Herrmann. Entscheidend komme es auf die Bereitschaft zur Begehung von Straftaten, das Maß der Abschottung und den gesellschaftlichen Einfluss der jeweiligen Bestrebung an. Eingriffsintensivere Maßnahmen bedürfen außerdem künftig einer vorherigen richterlichen Anordnung. Dies war bisher bereits bei der Wohnraumüberwachung und Online-Datenerhebung vorgeschrieben und ist nun auch für längerfristige Observationen sowie den Einsatz von verdeckten Mitarbeitern und Vertrauensleuten erforderlich.
Für die Zusammenarbeit des Landesamts für Verfassungsschutz mit anderen Behörden hat das Bundesverfassungsgericht sehr enge Grenzen gezogen: Die Polizei darf nur bei einer konkretisierten Gefahr für höchste Rechtsgüter informiert werden. Eine Übermittlung zur Strafverfolgung setzt eine besonders schwere Straftat voraus. „Wie unter anderem die Untersuchungsausschüsse zum NSU und zu Anis Amri eindeutig gezeigt hätten, brauchen wir aber gerade mehr Informationsaustausch.“ so Herrmann. Dem Bayerischen Landtag sei es hier im Gesetzgebungsverfahren in einer sehr konstruktiven parteiübergreifenden Zusammenarbeit gelungen, auf der Grundlage der Expertise renommierter Sachverständiger eine praxisgerechte und überzeugende Lösung zu entwickeln, die unter Beachtung der Rechtsprechung den notwendigen Informationsaustausch zur Verfolgung von Staatsschutzdelikten weiter ermöglicht.
Herrmann weiter: „Das Ergebnis des Gesetzgebungsverfahrens kann sich sehen lassen. Der Bund sollte sich nun bei der anstehenden Novelle des Bundesverfassungsschutzgesetzes die Ergebnisse, die wir hier gemeinsam erarbeitet haben, zum Vorbild machen.“ Das Bundesverfassungsschutzgesetz muss aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 28. September 2022 bis spätestens Ende des Jahres in Teilen ebenfalls überarbeitet werden.